Archiv der Kategorie 2004 Ungarn

Budapest mit Muße (1)

Vom 30. Mai bis 6. Juni 2004 mit Studiosus – Reiseleiter Alexander Matyas

Pfingst-Sonntag, 30. Mai 2004

Für ½ 7 Uhr haben wir das Taxi bestellt. Entschieden zu früh, obwohl die Taxifahrerin auf Umwegen zum Bahnhof Siegburg fuhr und 27 Euro verlangte.

Um 7.12 Uhr ging unser ICE nach Frankfurt-Flughafen. In 38 Minuten waren wir da und hatten alle Zeit der Welt, da unser Flug mit der ungarischen Fluggesellschaft Malev erst um 10.30 Uhr ging. 12.10 Uhr waren wir bereits in Budapest und der Transfer klappte prima.

Zimmer beziehen im Fünf-Sterne-Hotel Corinthia Hotel Aquincum, Hotel mit 148_4812Therme – 38 Grad Becken, 33 Grad Becken und mit 26 Grad das Schwimmbecken, Infrarot-Sauna, 2 Dampfsaunen und für die Damen eine Finnische Sauna inspizieren. Das Hotel liegt schön am Donauufer gegenüber der Margaretheninsel

Um 15 Uhr war bereits ein Spaziergang für die 6 inzwischen Angekommenen durch den Ortsteil O-Buda, auch Alt-Buda mit unserem Reiseleiter Herrn Alexander angesagt. Vorbei an der unmittelbar am Hotel gelegenen Synagoge ging es zu dem gepflasterten Fötér. Der 148_4806Hauptplatz und seine nächste Umgebung mit den schön restaurierten Gebäuden vermitteln noch ein wenig vom kleinstädtischen Charakter des einstigen Óbudas. Etwas versteckt, in einem Innenhof, liegt das 1746-57 erbaute Barockschloß Zichy, das heutige Kulturzentrum. Hier sind die Ausstellung des Lajos Kassák sowie das Museum von Victor Vasarély, dem Begründer der Op-Art, untergebracht. Den Rundgang von ca 1 ½ Stunden beenden Manfred und ich im Gasthof „Zur Postkutsche“ an dem idyllischen Platz mit Schloß zur Linken und im Hintergrund das Plätzchen mit den „4 148_4807Wartenden“eine Bronzeskulptur von Imre Varga, dessen Werke auch hier in einer Galerie ausgestellt werden . Wir stärken uns mit dem ersten original148_4811 ungarischen Gulasch im Kesselchen mit einem guten Glas Rosé.

Anschließend war für mich Therme angesagt, Manfred relaxte auf dem Zimmer und um 19.45 Uhr traf sich dann unsere komplette Reisegruppe von 13 Personen zum Empfangs-Glas-Wein mit gleichzeitiger Einführung in die Gestaltung der Besichtigungswoche, die von Herrn Alexander etwas anders als von Studiosus geplant, vorgesehen war.

Anschließend war im Hotel Abendessen – vom Büffet – leider nicht so ganz toll. Gute Vorspeisen und Salate, leider die Hauptgerichte waren „vernachlässigungswürdig“.

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Budapest mit Muße (2)

Pfingst-Montag, 31. Mai 2004

Um 9 Uhr holte uns ein für 50 Personen geeigneter Bus vor dem Hotel ab und startete mit uns zur bis 12.30 Uhr dauernden Stadtrundfahrt auf den beiden Donauseiten. Angekündigt war, daß wir zweimal aussteigen – im Stadtwald bzw. auf dem Gellértberg

Erst war der Stadtteil Pest angesagt. Am Heldenplatz – einem Meisterwerk des ungarischen Historismus – erklärte uns Herr Alexander an Hand der hier aufgestellten Steinfiguren die Geschichte Ungarns.

148_4815Sie ist festgehalten im Millenniumsdenkmal mit den steinernen Figuren der sieben magyarischen Stammesfürsten und ungarischen Könige. Auf der Achse zur Andrassy út steht auf einer 36 m hohen korinthischen Säule der Erzengel Gabriel, der nach der Legende dem Staatsgründer Stephan I. im Traum erschien, um dem König feierlich die Krone zu überreichen. Die Statue bekam auf der Weltausstellung 1900 einen Grand Prix verliehen. Um ihren Sockel sind die Stammesführer postiert. Auf den Eckpfeilern thronen allegorische Bronzestatuen.

Von 896, der Landnahme, geführt von Árpad, als sieben Magyarenstämme148_4820 das Karpatenbecken besetzten, bis 1867, der Geburtsstunde der Doppelmonarchie Österreich-Ungarn reichen die Erklärungen.

Anschließend machen wir einen kleinen Spaziergang in den unmittelbar daneben gelegenen Stadtwald, um ein Kuriosum zu bewundern. Auf einer 148_4823künstlichen Insel erhebt sich die romantische Anlage der Burg Vajdahumyad, die 1896 als Demonstrationsobjekt traditioneller ungarischer Baustile von Ignác Alpár konzipiert wurde. Alle nur denkbaren Stile, von Romanik bis Barock, sind hier vereint.

Weiter fuhren wir nun zum Stadtteil Buda und gingen die letzten 80 ? Stufen zu Fuß zur Burganlage hinauf. Besichtigten die Matthiaskirche, benannt nach Matthias Corvinus. Erbaut wurde sie um 1250 als Liebfrauenkirche der deutschen Bürger Budas, im 15. Jahrhundert wurde sie zu einer dreischiffigen gotischen Hallenkirche ausgebaut. Aus dieser Zeit ist das südliche Marienportal erhalten. Die von den Türken als Moschee genutzte Kirche wurde nach der christlichen Rückeroberung im Barockstil erneuert. Lediglich zwei Krönungszeremonien fanden in dem auch „Krönungskirche“ genannten Gotteshaus statt, 1867 für Franz Josef I und für seine Frau Sissy – was ganz ungewöhnlich war, da die Frauen nicht am selben Tag gekrönt wurden und die Krone nur ihre Schulter berührte; nicht so bei Kaiserin Sissy. – 1916 die zweite Krönung für Karl IV.

Ihr neogotisches Äußeres erhielt die Matthiaskirche nach den historisierenden Vorstellungen von Frigyes Schulek 1874 – 96. Auch das bunte Majolikadach entstand nach seinen Entwürfen und erinnerte mich stark an den Stephansdom in Wien. Hat man sich an die im Inneren herrschende Dunkelheit gewöhnt, erkennt man die feine, nach alten Vorlagen von Bertalan Székely und Károly Lotz geschaffene Wandbemalung. Die Bilder halten Stationen der ungarischen Geschichte fest.

Von der Basilika spazierten wir zu der unmittelbar vorgelagerten Fischerbastei, eines der häufigsten Postkartenmotive. Von der 148_4828romantischen Aussichtsterrasse mit gewaltigen Mauern und mehreren Türmen hatten wir einen phantastischen Blick auf den unteren Teil von Buda, auf die Zwiebelkuppel der größten Synagoge 148_4824Europas, die Donau mit ihren 9 Brücken und den Stadtteil Pest. An einem ehemaligen Kloster, in dem heute mit geschmacklosem Anbau das Hotel Hilton untergebracht ist, kehrten wir im nahegelegenen Gasthof „Zum Schwarzen Raben“ ein. Manfred aß Bauernkotelett mit Bratkartoffeln und ich Gänseleberrisotto und da es sehr warm war, gönnten wir uns nur Wasser zum Trinken.

Frisch gestärkt spazierten wir durch das malerische Burgviertel, warfen Blicke in hübsche Innenhöfe, sahen den Einstieg in das unterirdische Labyrinth, kamen am imposanten Matthiasbrunnen, der von Alajos Stróbl 1904 mit einer Jagdszene gestaltet wurde, vorbei und einige wenige nahmen das Angebot von Herrn Alexander an, eine Führung in der Ungarischen Nationalgalerie – die im Burgpalast untergebracht ist – mitzumachen. Es war sehr interessant. Das Museum umfaßt die Sammlung aller Epochen bis zur Moderne – angefangen bei den Werken der Meister aus dem 11. Jahrhundert.

Bei dieser Fülle an Werken beschränkte sich unser Reiseleiter auf die Schwerpunkte: ungarische Geschichtsmalerei, Realismus und Impressionismus. Wobei wohl der bekannteste Maler des späten Impressionismus Ferenczy Károly war und Pál Szinyei Merse beschäftigte sich auf eigenwillige Weise mit der Pleinairmalerei. Sein Hauptwerk „Frühstück im Freien“ (1872-1873) zählt zu den Spitzenleistungen der europäischen Kunst, konnten wir ebenfalls bewundern.

Treffpunkt war auf der Aussichtsterrasse unter dem Reiterstandbild von148_4831 Prinz Eugen von Savoyen. Auf dem Weg zur Standseilbahn kamen wir an dem prächtigen barocken Prunktor vorbei. Hier , den Blick zum Fluß gewandt, thront der sagenumwobene Turulvogel wie ein Torwächter auf einer Säule, das Schwert König Árpáds in den Klauen.

148_4843In ein paar Minuten waren wir mit der Seilbahn, die 1870 eröffnet wurde und eine Steigung von 48 % überwindet, unten an der Donau. An dem 1975 von Miklós Borsos geschaffenen Kilometerstein Null, Ausgangspunkt für die Entfernungsmessung in ganz Ungarn, gingen wir vorbei zur Straßenbahn, fuhren 2 Stationen und dann 4 Stationen mit der Vorortbahn zu unserem Hotel – vorbei an der doppeltürmigen barocken Sankt Annen-Kirche (1740-62), die zu den schönsten Barockbauten des Landes zählende Kirche, an der kleinen Markthalle vorbei, daneben stehen das mit Allegorien der vier Jahreszeiten geschmückte Haus Nr. 3 von 1795 und die Rokokofassade des einstigen Gasthofs „Zum Weißen Kreuz“, in dem Kaiser Joseph II. und Casanova logierten, Herr Alexander zeigte uns noch das Geburtshaus von Ignác Semmelweis (1818), dem Entdecker des Kindbettfiebers.

Prima war, wir bekamen am ersten Abend eine Wochenkarte für die Verkehrsmittel von Budapest, so daß wir auch bei Alleingängen keine Probleme mit dem Fahrkartenlösen hatten.

Die Zeitplanung von Herrn Alexander war hervorragend. Um 18.15 waren wir im Hotel, Zeit für mich 20 Minuten im 38 Grad warmen Thermalbad zu liegen um dann frisch „gestylt“ um 19.15 zum Abendessen ins Lokal „Zum Anker“ in Óbuda zu spazieren.

1 Glas Sekt, Palozensuppe (Gemüsesuppe mit etwas Fleisch) Schweinebraten mit Käse und Spargel, Kaffee und 1 Glas Wein beeinhaltete das Menü. Da Manfred und ich den berühmten Marillenschnaps probieren wollten, bestellten wir zwei Gläschen und mußten dafür umgerechnet ca 8 Euro bezahlen.

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Budapest – Mit Muße (3)

Dienstag, 1. Juni 2004

Um 10 Uhr fuhren wir mit der Vorortbahn und der Metro zum Deak Ferenc tér, spazierten zum Donaucorso und machten eine einstündige 148_4850Promenadenschifffahrt auf der Donau. Bei schönem Wetter lauschten wir über Kopfhörer dem witzigen, informativen Streitgespräch zwischen „Frau Pest“ 148_4854und „Herrn Buda“, über die Geschichte und die Architektur von „Budapest“.

Anschließend blieb etwas freie Zeit, um auf der bekanntesten Flaniermeile der Stadt, der Váci utca, zu bummeln und eine Buchhandlung aufzusuchen.

Um 12.15 Uhr fuhren wir von der bekannten Konditorei Gerbeaud (1844 übernahm Émile Gerbeaud, ein Schweizer Konditor und Erfinder der Weinbrandkirsche dieses Café) mit der wunderschönen über 100 Jahre alten 148_4866U-Bahn zum renomierten Restaurant Gundel, nahe am Heldenplatz. Ein wunderschön, romantisch eingerichtetes Haus im Biedermeierstil, in dem schon viele gekrönte und ungekrönte Häupter speisten, hier nahmen wir unser Mittagessen ein.

Manfred: Stadtwäldchensalat mit Blaukäse-Dressing, Truthahnbrust vom Rost mit Pilzsoße und glasiertem Gemüse, Palatschinken148_4864 mit Aprikosenmarmelade in „Mandelschlafrocke“ und Kaffee.

Ich aß Gulaschsuppe mit Eiernockerln und Weichselstrudel mit Zimtsoße und Kaffee.

Nach dem Mittagessen machen wir einen geführten Spaziergang in der Innenstadt und um 16.30 bis 17.30 Uhr hatten wir eine Führung im Parlament, dem 2. größten der Welt nach England. Unmittelbar am Donauufer, auf dem Kossuth Lajos tér, erstreckt sich auf einer Länge von 268 und einer Breite von 118 m das neben der Kettenbrücke bekannteste Bauwerk Budapest.

Phantastisch! Prunkvollst!

Die Reichsinsignien sind hier im Treppenhaus untergebracht. Wir hatten einen jungen Mann als Führer der sich als besonderer Hüter der Schätze hier aufspielte. Ständig unterbrach er seinen Vortrag, um strafend und schimpfend Besucher anzuraunzen, sie sollten weiter weg bleiben von den Kostbarkeiten, nicht fotografieren mit Blitz, leise sein etc.

Was er uns vermittelte war folgendes: Rund 1000 Menschen arbeiteten 17 Jahre lang an dem 1885 nach den Plänen von Imre Steindl begonnenen Kuppelbau im Stil der Todorgotik. 691 Räume beherbergt dieses Bauwerk. Gab es früher ein Unter- und Oberhaus, in jeweils einem Flügel untergebracht, so beherbergt ein Flügel den Staatspräsident, den Ministerpräsident und zahlreiche Mitarbeiter.

Im anderen Flügel befindet sich das Plenum, das zur Zeit von 386 Abgeordneten „bevölkert“ wird.

148_4872Phantastisch war früher die Klimaanlage. Ganz raffiniert: Unter dem Sitzungssaal war ein Raum für Eis vorgesehen, das seine Kälte in das Plenum abgab, sich erwärmte, die Luft stieg nach oben und der Kreislauf konnte aufs Neue beginnen.

Ganz schön geschafft holte uns der Bus anschließend ab und brachte uns zum Hotel.

Der Abend konnte von uns frei gestaltet werden, was für mich wieder bedeutete: Therme und dann spazierten wir in das schon bekannte Lokal „Zur Postkutsche“.

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Budapest – Mit Muße (4)

Mittwoch, 2. Juni 2004

Um 8.45 Uhr starteten wir mit dem Bus zu dem fakultativen Ausflug zum historischen Donauknie.

„Das Donauknie“

Bei einem Blick auf die Landkarte wird man das Donauknie leicht finden, obwohl es sich nicht um eine kartografisch korrekte Bezeichnung handelt.donauknie Ungefähr 29 km nördlich von Budapest scheint der Fluß die Konturen eines Knies nachzuzeichnen. Von Eztergom bis Szentendre windet sich der Strom in kleinen Bögen durch die waldreiche Landschaft von Pilis- und Börsöny-Gebirge, wobei er auf der Höhe von Vác scharf nach Süden abknickt. Manch einer bezeichnet die Gegend als „ungarische Wachau“, andere vergleichen ihre Reize mit dem Rheintal.“

Ein Überraschungsstop war im Örtchen Piliscsaba 148_4873(pilischtschaba). Hier wurde vor einigen Jahren eine katholische Universität (Egyetma) von dem Architektes Macoviz nach der Philosophie von Rudolf Steiner errichtet. Schiefe Türme und runde Wände als Markenzeichen. Äußerst ungewöhnlich, jedoch sehr ansprechend.

Danach war Esztergom, die frühere Hauptstadt, angesagt.148_4878

Ein kurzer Stopp an der Donaubrücke die Ungarn und die Slovakei verbindet. Mitten auf der Brücke verläuft die Grenze und wir konnten mit einem Fuß in die Slovakei betreten.

Der Bus brachte uns hinauf auf den Burgberg. Hier ist die Stadtgeschichte zu Stein geworden. Anstelle des heutigen 148_4881klassizistischen Monumentalbaus der Basilika stand die von Stephan I. 1010 gegründete romanische Domkirche, die im 16. Jahrhundert von den Türken schwer beschädigt wurde. Erst als der 1543 nach Ngyszombat geflohene Erzbischof 1820 zurückkehrte, wurde mit der Planung der heute größten Kirche Ungarns begonnen. Herr Alexander teilte uns mit, daß sie zu den 5 größten Kirchen der Welt gehöre. In Rom, London, Sevilla und an der Elfenbeinküste würden sich noch größere befinden. Kam uns sehr unwahrscheinlich vor, da sie auf uns nicht so riesig wirkte. Für die Einweihungsfeierlichkeiten der halb fertigen Kirche 1856 komponierte Ferenc Liszt die “Graner Festmesse“,

Den Portikus tragen auch 22 m hohe Säulen und 24 Säulen bilden den 148_4883Blickfang der 107 m hohen Kuppel. Über dem Hauptaltar befindet sich das weltweit größte Altarbild (13 x 6,5 m) eine Kopie von Tizians „Mariä Himmelfahrt“ und zudem sind hier die 4 Kirchenväter: Ambrosius, Augustinum, Gregorius und Hironymus als Skulpturen dargestellt.

Die größte Kostbarkeit des mit Kunstmarmor verkleideten Inneren ist die Bákócz-Kapelle. Die 1506 aus rotem Marmor gearbeitete Grabkapelle gilt als herausragende Arbeit der Frührenaissance in Ungarn. Tamás Bakócz (1442-1521) war eine ebenso herausragende Persönlichkeit seiner Zeit. Von einfachem Stand schaffte er es bis zum Bischof. Die Kapelle wurde 1823 in 1600 Teile zerlegt, nummeriert und in der neuen Kirche wieder aufgebaut.

In der Krypta ist nunmehr – fast eine Pilgerstätte – das Grab des Kardinals Jozsef Mindszenty.

Er hatte sich gewünscht, in seiner Bischofsstadt begraben zu werden, wenn dort „der untreue Stern Moskaus nicht mehr glänzt“. Nach dem Umbruch im Ostblock 1989/90 widerfuhr im späte Gerechtigkeit: Der Schuldspruch von 1949 wurde als ungesetzlich aufgehoben und im Mai 1991 wurde er in der Krypta des Doms von Esztergom beigesetzt.

Unmittelbar neben der Basilika steht der nach archäologischen Ausgrabungen zugängliche Königspalast mit dem zum Millennium 2000 erweiterten Burgmuseum. Fürst Géza, Vater des späteren Stephan I, verlegte bereits um 973 seinen Sitz nach Esztergom. Die einst verschütteten Räume haben auch nach ihrer Restaurierung ihr geheimnisvolles Flair bewahrt.

148_4886Von der Burgterrasse hat man einen schönen Blick runter auf die Wasserstadt und das Donauknie.

Ein kurzer Rundgang durch Esztergom, dem Zentrum der ungarischen katholischen Kirche, Sitz des Erzbischofs, des höchsten Würdenträgers. König Stephan I. der Heilige wurde hier geboren, gekrönt und zu Grabe getragen. Er machte die Stadt zur ersten Königs- und Bischofsresidenz.

Hier wäre vielleicht etwas mehr Zeit zum Verweilen angebracht gewesen.

Aber um 12.15 Uhr wartete bereits ein leichtes Menü als Mittagessen auf 148_4888uns: Gemüsesuppe, „Besoffener Mönch“ (eine Art Hefekloß mit Pflaumenmus gefüllt und mit Schnaps getränkt) mit viel Zimt bedeckt und auf einem raffiniert geschmückten Teller dargeboten: Messer und Gabel als Zimtnegativ, ein Getränk und Kaffee und mit 10 Euro pro Person waren wir dabei.

Weiter ging es zur Besichtigung von Hohe Burg = Visegrád. Aber am Fuße des176 m hohen Sibirik-Hügeles mußten wir erst einmal heftigste Gewitterschauer im Bus abwarten, die uns ein Aussteigen als nicht sehr 148_4898sinnvoll erscheinen ließen. Danach, mit Regenschirmen bewaffnet, wanderten wir den Burgberg hinauf, blickten auf das im Regendunst liegende Donauknie hinab, stellten fest, daß keinerlei Schiffsverkehr dort unten stattfindet und wanderten dann durch die Burganlage aus dem 13. Jahrhundert, die mit ihrem ungleichmäßigen Grundriß aus drei Höfen besteht. Mit diesem System wollte man einen eventuell eingedrungenen Feind am Weiterkommen hindern. Für eine Verbindung zwischen den drei Höfen sorgten schmale Tore oder eine Zugbrücke. Einige Räume waren anschaulich gestaltet, um uns das Leben zur damaligen Zeit näherzubringen.

Von 15.30 Uhr bis 17 Uhr war in dem Städtchen Szentendre, dem „Südlichen Tor“ des Donauknies, mit seinen schmalen Gassen, zierlichen Barockhäusern, 11 Kirchen, 16 Museen, einer Insel und einem Freilichtmuseum, ein gemütlicher Rundgang angesagt. Dieses Örtchen zog um 1920 zahllose Künstler wegen seines morbiden Charms an. Die sich daraus entwickelnde Künstlerkolonie wurde in den 70er Jahren unter den Kommunisten fortgesetzt, die rund 50 Ateliers einrichten ließen, daher erklären sich auch die vielen Museen.

Vorbei an unzähligen Andenkenständen gelangte man vom Bus-Parkplatz in das hübsche Örtchen. In der Nähe der Pestsäule – 1763 stiftete die Gesellschaft der serbischen Kaufleute das griechisch-orthodoxe Gedenkkreuz, weil die Stadt von der Pestepidemie verschont blieb. Vor der Schließung huschten wir noch schnell in die 1752 – 54 von Andreas Mayerhoffer erbauten orthodoxen Blagovescenska-Kirche. Rot, Gold und Schwarz dominieren die prächtige Rokoko-Ikonostase von 1803. Danach gab Herr Alexander „Freigang“. Wir nutzten dies, um die in einem früheren Salzhaus aus dem 18. Jahrundert untergebrachten Keramikausstellungt der Margit-Kovács-Sammlung zu bewundern.149_49041

Die vor allem in Ungarn bekannte Margit Kovács (1902-77), Mitglied der Künstlerkolonie, hat auf sehr persönliche Weise versucht, moderne Formen mit ungarischer Volkskunst zu verschmelzen.

Manfreds Kommentar: „Das Beste was ich am heutigen Tag gesehen habe“.

Leider blieb keine Zeit mehr das Ferenczy-Museum zu besichtigen. Károly Ferenczy, dessen Werke wir bereits im National-Museum auf dem Budapester Burgberg besichtigt haben, war ja einer der bedeutendsten ungarischen Vertreter des Impressionismus, war Miglied der Pleinairschule von Nagbánya.

Pleinairmalerei: Beseelt von dem Wunsch, eine moderne ungarische Malerei zu kreieren, kehrte eine Gruppe von Malern von ihren Studien in München in die Heimat zurück und gründete 1896 die Künstlerkolonie von Nagybánya (heute Baia Mare, Rumänien.) Von den sich vorerst um eine naturnahe Sehweise bemühenden Künstlern ist der Impressionist Károly Ferenczy (1862-1917) einer der bekanntesten. Bereits in den 60er Jahren beschäftige sich Pál Szinyel Merse (1845-1920) auf eigenwillige Weise mit der Pleinairmalerei. Sein Hauptwerk „Frühstück im Freien“ (1872-1873) zählt zu den Spitzenleistungen der europäischen Kunst. Eine Brücke zwischen dem 19. Und 20. Jh. Bildet der zu den großen Talenten zählende Milhály Tivadar Csontváry Kosztka (1853-1919) mit seiner visionär-expressiven Malerei. Unter französischem Einfluß entwickelten sich die ersten Avantgardebewegungen, von denen die „Gruppe der Acht“ (1909), darunter Béla Czóbel, Robert Berény und Dezso Orbán, ihre Hinwendung zu einer konstruktivistischen und kubistischen Formensprache am deutlichsten formulierten. Aus dem Kreis der Aktivisten um Lajos Kassák gingen bedeutende Künstler bis Sándor Bortnyik hervor, der Lehrer von Victor Vasarély (1908-97), dem Begründer Op-Art. Nach dem Sturz der Räterepublik war dieser Kreis zur Emigration gezwungen. Mit einigen Künstlerkollegen schloss sich Lázlo Hoholy Nagy der Bauhausbewegung von Gropius in Dessau an.

Die Ankunft im Hotel war für 17.30 Uhr geplant. Die Organisation von dem Busfahrer Karl und Reiseleiter Alexander war sagenhaft. Punktgenau kamen wir an.

Ab 18.30 Uhr war Abendessen im Hotel angesagt, für mich gerade noch Zeit, 20 Minuten in der Therme zu „wässern“.

Das Kulturangebot für den Abend: „schwungvoller Operettenabend“ wurde nur – außer uns – von 4 weiteren Personen wahrgenommen.

Na ja!

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Budapest – Mit Muße (5)

Donnerstag, 3. Juni 2004

9.20 Uhr Abfahrt mit dem Bus nach Gödöllö, zum Siss­i-Schloß, dem zweitschönsten Barockschloß des Landes. Die Fahrten mit dem Bus vermittelten mir genau den Eindruck den ich mir von Ungarn gemacht hatte. Viel Landschaft, kleine Häuser, man wartet direkt darauf, daß die Gänse noch über die Straße laufen. Um 10.30 – 11.20 Uhr war eine Führung durch eine ungarische Kunsthistorikerin im Schloß angesagt.

149_4907p1„Das Schloß entstand 1744-50 nach den Plänen von Andreas Mayerhoffer für Graf Antal Grassalkovisch, einem der mächtigsten Magnaten des 18. Jahrhunderts und Vertrautem der Kaiserin Maria Theresias. Die Führerin erzählte uns die Anekdote, daß, als Kaiserin Maria Theresias einmal in das Schloß zu Besuch kam, ließ er sie von der Ortsgrenze mit Schlitten abholen, die sie so liebte. Da es jedoch gerade Sommer war, Schnee also nicht vorhanden, löste er das Problem, indem er Salz streuen ließ. Zudem ließ er für diesen einen Besuch für sie ein Zimmer ganz in Marmor herrichten.

Die von einem Park umgeben U-förmige Anlage umfasste Ställe, eine Orangerie, Theater und Kirche. Im Jahr des Ausgleichs 1867 schenkte die ungarische Nation sie dem Habsburger Königspaar Franz Joseph I. und Elisabeth (= „Sissi“) als Lustschloß. Eine besondere Rolle spielte hier wohl einer der wichtigsten ungarischen Politiker, Graf Gyula Andrássy. Nicht sicher ist, wie weit die Vertraulichkeiten zwischen „Sissi“ und dem als sehr anziehend geltenden Andrássy gingen. Sicher ist, dass sich Sissi den Ungarn stark verbunden fühlte, fließend ungarisch sprach, Ungarns Geschichte studierte, ungarische Literatur las und zudem noch eine ausgezeichnete hübsche Reiterin war und dieses Schloss als Fluchtpunkt vor ihrer Schwiegermutter und Tante zugleich, Erzherzogin Sophie, nutzte. Ihre Verehrung für den untersetzten, jovialen Ferenc Deák dem „Weisen“ des ungarischen Vaterlandes, zeigte sie offen.

Zudem hat Elisabeth, als habsburgische Kaiserin, eine entscheidende Rolle bei der Vorbereitung des Ausgleichs zwischen Österreich und Ungarn gespielt.

Nach dem Zusammenbruch der K.u.K.-Monarchie 1918 wurde es die Sommerresidenz von Reichsverweser Miklós Horthy, der Ungarn an der Seite Deutschlands in den Zweiten Weltkrieg führte. 1944 erst von deutschen, dann von russischen Truppen geplündert und zerstört, wurden die Wirtschaftsgebäude ab 1950 sowjetische Kaserne und das Schloß Altenheim. Die Spuren dieser Zeit sind noch an den Nebengebäuden und im Park erkennbar.

Das Hauptgebäude erstrahlt dagegen in neuem Glanz. Gegenwärtig sind 26 rekonstruierte Räume zu besichtigen, zu großen Teilen mit zeitgenössischem Mobiliar anderer Schlösser eingerichtet oder mühevoll auf weltweiten Auktionen ersteigert. Die persönlichen Räume von Sissi waren in veilchenblau, ihrer Lieblingsfarbe gehalten.
Nach den ausführlichen, kurzweiligen Ausführungen unserer Führerin lud uns Herr Alexander auf Kosten von Studiosus in die hübsche Schloßkonditorei zu Kaffee und Kuchen ein.

Um 12.15 bis 14.00 ging unsere Fahrt weiter nach Kecskemét, in die Hauptstadt von Kleinkumanien, in die südliche Tiefebene.

Unser erster Gang führte uns zum Rathaus. Das auffälligste Gebäude ist 1896149_4912 nach den Plänen von Ödön Lechner und Gyula Pártos entstanden. Es ist ein zu Stein gewordener Ausdruck des im 19. Jahrhundert erwachten Nationalgefühls. Jugendstil nach ungarischer Art. Herr Alexander ermöglichte uns die149_4921 Besichtigung des Prunksaals mit historischen Bildern von Bertalan Székely, der heute als Ratssaal dient. Das stündlich erklingende Glockenspiel hörten wir uns nach einem kurzen Rundgang an. Vorher bestaunten wir jedoch den 149_4925„Bunten Palast“ (Cifra Palast), noch ein Schmuckstück der Stadt. Déza Márkus, ein Schüler Ödön Lechners, entwarf den Jugendstilbau um 1902 als Geschäfts und Wohnhaus sowie Sitz des Handelskasinos. Bemerkenswerk sind die feinen Details. Die Jugendstilelemente sind der ungarischen Stickkunst entlehnt, während die an Backwerk erinnernden Schornsteine den orientalischen Einfluß von 150 Jahren osmanischer Herrschaft aufgreifen. Heute befinden sich hier die Räume der Kecskeméter Bildergalerie. Direkt gegenüber liegt das blendend weiße Gebäude der Synagoge, 1871 nach Entwürfen von Johann Zitterbarth im maurischen Stil erbaut. Heute beherbergt es das Haus der Technik und die Michelangelo Galerie mit Kopien des italienischen Renaissancemeisters. Ein kurzer Halt in einer Eisdiele, über den Platz mit vielen schön gestalteten Verkaufsständen, dann dem Glockenspiel gelauscht und zurück zum Bus.

15.20 Uhr ging die Fahrt weiter in die Puszta zu einem Gehöft, dem Varga Tanya.

Die Puszta

149_4930Asien beginnt jenseits der Donau, sagen die West-Ungarn, und für Nicht-Ungarn liegt Ungarn östlich der Donau, denn sie verbinden in der Regel mit Ungarn die Puszta, eine flache Bilderbuchlandschaft mit Ziehbrunnen, einzelnen Höfen und Pferdeherden.“ Wie alles ist auch die Puszta durch die Eingriffe der Menschen nicht mehr das, was sie früher einmal war. So handelt es sich bei der heutigen Pusztasteppe um keine ursprüngliche Naturlandschaft, sondern um ein einzigartiges Naturdenkmal mit einer einzigartigen Flora und Fauna. In Europa findet man ähnliche Gebiete nur noch in Südrußland. Trotzdem prägen noch bis heute kleine Einzelhöfe mit Ziehbrunnen das Landschaftsbild der Tiefebene.

Der Besitzer hat es verstanden, nach dem Motto: „Wie es früher einmal war“ dies touristisch zu vermarkten. Sicher nicht schlecht, man könnte hier auch Reiterferien, 1 Woche mit 10 Reitstunden für rund 330 Euro machen.

Wir werden mit Marillenschnaps und Gebäck am Bus empfangen. Leider: Es 149_4933regnet, der Boden rund um das Gehöft ist aufgeweicht, wir waten durch Schlamm und versuchen wenigstens halbwegs trockene Stellen zu finden. Schleichen uns durch die Ställe und gelangen so zur überdachten Zuschauertribüne von der wir die Reitvorführungen beobachten können. Schade,149_4948 schade! Wir halten die Schirme vor unsere Beine damit der durch die zum Teil sensationellen Darbietungen – 1 Reiter führt stehend auf dem letzten Pferd 10 Pferde am Zügel – aufgewühlten Schlamm nicht zu verspritzt werden.

Oh Wunder: Es hörte auf zu regnen und wir konnten eine Kutschfahrt zu einem Nachbargehöft machen. Die jetzigen Besitzer 149_4953konnten das Gut, das vorher den Großeltern der Besitzerin gehörte, nach der Enteignung durch die Kommunisten zurückkaufen und haben nun einen biologisch-geführten Betrieb aufgebaut nach dem Gedanken von Rudolf Steiner. Wir bestaunten das liebevoll gestaltete Museum, das uns zeigt wie einst hier gelebt wurde, machten einen Rundgang und ich sah zum ersten Mal ein Wollschwein. Zur Zeit war Leben auf dem Hof, eine Waldorf-Schulklasse 149_4954machte Ferien auf dem Lande. Auch trocken kamen wir zurück und nun war zünftiges Essen angesagt. Gulaschsuppe, Brot, Rot- oder Weißwein und dazu Zigeunermusik. 5 Musiker machten sicher keine 149_4955schlechte Musik, aber so was von laut, unerträglich.

Dadurch bedingt waren wir dann froh als um 20 Uhr die Heimfahrt angetreten wurde. Selbst auf dieser langen Strecke wurde die geplante Ankunftszeit um 21.30 Uhr am Hotel eingehalten.

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Budapest – Mit Muße (6)

Freitag, 4. Juni 2004

Um 9 Uhr sollte es mit öffentlichen Verkehrsmitteln zur Pester Innenstadt losgehen. Morgendliches Kurbaden, frühstücken, alles normal. Jedoch auf dem gepflasterten Weg zur Vorortbahn habe ich nicht auf den Weg geachtet, und patsch, da lag ich in der Matsche. So konnte ich nicht fahren. Tasche, Schuhe, Anzug, die rechte Seite, alles dreckig. Im Eilgalopp zurück ins Hotel und schnell umgezogen. So mußten wir halt die nächste Bahn nehmen.

Spaziergang in der Leopoldstadt war angesagt. Die Leopoldstadt nördlich des alten Pest entstand Anfang des 19. Jahrhunderts als Finanz- und Verwaltungszentrum mit stattlichen Jahrhundertwendebauten um großzügige Plätze. „Hier wohnt die Creme jeder Klasse, die oberen Zehntausend der Industrie, des Handels, der Behörden und der Privaten“. Was Jenö Rákosi 1893 schrieb, gilt in gewisser Weise auch heute noch. Erstes Beispiel ist der Roosvelt tér am östlichen Brückenkopf der Kettenbrücke.

149_4957Der erste Halt war das Imre-Nagy-Denkmal (Notsch), das 1996 errichtet wurde . Das Denkmal zeigt Imre Nagy auf einer Brücke, das seinen Spagat zwischen Kommunismus und Kapitalismus versinnbildlichen soll.

1953 wird nach Stalins Tod der zu wirtschaftlichen und politischen Reformen bereite Imre Nagy Ministerpräsident. 1955 stürzt die Rákosi-Partei Imre Nagy. Am 23. Oktober 1956 ist der Ausbruch des ungarischen Volksaufstands. Imre Nagy wird erneut Ministerpräsident und kündigt den Warschauerpakt. Leider nur für kurze Zeit.

Am 4. November 1956 bildet János Kádár eine Gegenregierung und schlägt mit Hilfe der Roten Armee den Volksaufstand brutal nieder. Imre Nagy wird verhaftet und später hingerichtet. Etwa 200 000 Ungarn emigrieren ins westliche Ausland. Parteichef Kádar wird wieder Regierungschef und lenkt für gut 30 Jahre Ungarns Schicksal.

So historisch schlau gemacht, spazieren wir zum Herzen des Viertels, dem hufeisenförmig angelegten Szabadság tér. Der Freiheitsplatz, bis 1898 noch mit Kasernen bestückt, wurde nach deren Abriß mit den umliegenden Straßen einheitlich gestaltet. In der Mitte befindet sich das von den Kommunisten zu Ehren des unbekannten Soldaten erstellte Denkmal. Links davon befindet sich die schwer bewachte und abgeschirmte amerikanische Botschaft, in der Kardinal Mindszenty 15 Jahre Asyl gewährt wurde. 15 lange Jahre durfte er nicht einmal auf die Straße.

Unser Reiseleiter wird von einem Sicherheitsbeamten außer Dienst angeraunzt, er wäre schon bekannt und er solle aufpassen. Herr Alexander erklärt uns, daß er ja in einer Demokratie lebe und es sich nicht nehmen ließe, auch – wenn nicht gewünscht – Gruppen vor der Botschaft anhalten zu lassen und ihnen Erklärungen abzugeben.

Etwas betroffen marschierten wir die paar Schritte zur kleinen Markthalle, in149_4966 der eine Salami- und Weinprobe angesagt war.

So gestärkt, bewunderten wir gebührend die 1900 149_4967erbaute ehemalige Postsparkasse, ein Beispiel des ungarischen Jugendstils. Das mit Majoliken verzierte Gebäude, das an volkstümliche Stickereien erinnert, eine Arbeit des bedeutenden Ödön Lechner.

Vorbei an weiteren Jugendstilbauten in den unterschiedlichsten Ausführungen kommen wir zur Sankt-Stephans-Basilika.

Der bereits 1848 begonnene mächtige Kuppelbau konnte aufgrund zahlreicher Probleme wie dem vorzeitigen Tod der Architekten József Hild und Miklós Ybl sowie dem Einsturz der ersten Kuppel erst 1905 eingeweiht werden. Aufgrund ihrer Größe nannte man die 8500 Personen fassende149_4975 Kirche schon immer Basilika. Erst 1931 erhielt sie offiziell den Rang einer „Basilica minor“ und heute ist sie Sitz des Erzbischofs von Esztergom. Die prächtig ausgeschmückte Kirche, deren Grundriß einem griechischen Kreuz entspricht, erhebt sich auf einer Grundfläche von 4147 qm. Ihr größter Schatz ist die in einem kostbaren Schrein aufbewahrte Reliquie des Heiligen und Landesvaters Stephan, seine rechte Hand.

Nach dieser Besichtigung spazieren wir zur Großen Synagoge. Die Pläne für 149_4979das im maurischen Stil gestaltete Gebäude lieferte Ludwig Förster. Das 1858 fertig gestellte Gebäude zählt mit rund 3000 Plätzen zu den weltgrößten Synagogen. Da nur vorgesehen ist, die Synagoge nur von außen zu besichtigen und – wer will – sie später im Alleingang von innen zu besichtigen, schlage ich die Zeit raus, noch schnell einen Blick in das Innere werfen zu können. Riesig, wunderschön mit herrlichen Kronleuchtern.

Nur um die Ecke, sozusagen, befand sich das Elternhaus von Theodor Herzl (1860-1904), dem Begründer der Zionistenbewegung. 1944 entstand hinter dem Gebäude das jüdische Ghetto. Im rückwärtigen Garten befinden sich die149_4982 Massengräber der Opfer des Ghettos. Hier wurde 1990 eine Gedenkstätte eingeweiht. Das Werk des Bildhauers Imre Varga stellt eine Trauerweide dar, auf deren Blätter die Sponsoren die Namen ihrer betroffenen Verwandten oder Bekannten eingravieren können.

Ganz in der Nähe, vor dem Hus Dob utca 12, erinnert ein Denkmal an den schweizerischen Konsul Carl Lutz, der, wie der schwedische Botschafter Raoul Wallenberg, zahlreiche Juden vor dem Holocaust retten konnte. Ihm ist auch zu verdanken, daß die geplante Sprengung des Ghettos aufgehoben wurde. Obwohl der größte Teil der Budapester Juden – ihr Bevölkerungsanteil ist von 5 % vor dem Krieg auf 0,5 % zurückgegangen – nicht mehr hier lebt, ist um den Klauzál tér und die Kazinczy utca noch immer etwas von der Atmosphäre des alten jüdischen Viertels spürbar.

Wir stehen auch vor der arg mitgenommenen Synagoge, die von Otto Wagner und Mór Kallina erbaut wurde. Die jüdische Gemeinde hat sie der Stadt Budapest geschenkt, in der Hoffnung, daß die Stadt das Geld für die Restaurierung aufbringt, was sie nicht kann.

Damit nähern wir uns dem Ende unseres vormittäglichen Rundgangs und auf dem Deak Ferenc tér trennen wir uns um 13.00 Uhr. Der Nachmittag steht zur freien Verfügung.

Manfred und ich nutzen dies, um im Kaffee Gerbeaud einen Milchkaffee und Wasser zu trinken. Dann fährt Manfred mit mir 2 Stationen mit der gelben Linie der Metro bis Deák tér, um dann in die rote Linie, die unter der Donau durchgeführt wird, umzusteigen und mit der Vorortbahn zum Hotel zum Relaxen zurückzufahren. Ich hatte mir noch einen Besuch im Museum der Bildenden Künste am Heldenplatz gewünscht und fuhr die 8 Stationen dorthin. Zuerst sah ich mir die Alberto Giacometti Ausstellung an und pickte mir dann die Säle heraus, in denen die Meisterwerke untergebracht sind, für die dieses Museum besonders bekannt ist: die alten Meister der italienischen und spanischen Schule. Ein Höhepunkt sind die Werke von El Greco.

Bei den italienischen Werken gefiel mir besonders „Madonna mit Kind und Infant St. John the Baptist von Elisabeta Sircin (Bologna 1638-1655). Ich fand es ganz beachtlich, daß eine Frau um diese Zeit schon so anerkannt war.

„Castiglione“ von Giovanni Benedetto (Genua 1609 – 1664) und Tiziano Vecellio „Titian“ (Pieve de Cadore 1489-1576 Venedig).

War es Zufall, noch ein Werk einer Frau das mir sehr gut gefiel: „Die Frau von Miklos II, Esterházy als Venus“ von Angelika Kaufmann aus Chur (1741-1807).

Beeindruckt hat mich auf von Peter Paul Rubens (1577 Siegen-1640 Antwerpen) „Studie eines Manneskopfes“.

Bernart de Rijcherle (1535-1590) „Diana und Actaean „Die Badenden“.

Verblüffend war das Calvarien Tryptchon von Hans Memling (Seligenstadt 1435-1494 Brügge)

Dahinter waren Spiegel angebracht, so daß man auch die Rückseiten betrachten konnte.

Von den Kastilianischen Malern des 16 Jahrhunderts gefiel mir besonders Herrera Sevilla (1590-1656 Madrid) Barboloné Esteba Murilla /Sevilla 1618-1682) „Hlg. Familie“.

Ganz besonders gefiel mir von Pascal Adolph Jean Dagnan-Bouveret (1852-1929) „Landschaft mit 3 Bäumen.

Überrascht war ich, wie groß der Anteil der deutschen Maler war. Von Franz Lenbach (1836-1904) „Triumph Arch of Titus in Rom“, über Pettenkofer, Menzl, Fritz von Uhde, Franz von Stuck und Makat Böckling.

Wie immer, für Museen bräuchte man viel, viel mehr Zeit. Aber wenigstens hatte ich einen kleinen Überblick. Zurück mit der Metro bis zur nun schon gut bekannten Haltestelle „Bajcsy-Zsilinsky ut“.

Von hier flanierte ich nochmals die Váci utca bis zur großen Markthalle. Kaufte in der schon bekannten Buchhandlung für den Enkel ein Buch „Ungarische Volksmärchen“. Wie sagt der Reiseführer über diese Flaniermeile: „Hierher muß jeder Budapest-Besucher einmal pilgern, denn in der Fußgängerzone schlägt der Puls der Stadt. Die Auslagen der mondänen Geschäfte verlocken zum Kauf, und nach dem Shopping kann man in Espressos-, Bier- oder Weinstuben Pause machen.“ Das tat ich nicht. Schade finde ich auch, daß in den großen Städten allmählich ein Einheitsbrei aus Geschäften besteht: Benetton, Esprit, Sisly, CD, Douglas usw. Die Markthalle dagegen war grandios. Im unteren Bereich Lebensmittel jeder nur erdenklichen Art und im 1. Stockwerk eine „Freßmeile“ mit Imbißständen, Folklore-Artikel, Bekleidung, etc.

Mit der Straßenbahn fuhr ich zur Donaupromenade und ging über die Kettenbrücke. Ich wollte doch wenigstens einmal die Donau „zu Fuß“ überqueren.

Diese Brücke wurde im Jahre 1849 eingeweiht und zwischen zwei mächtigen Toren gespannte Eisenketten tragen die 380 m lange Konstruktion. Der englische Brückenbaumeister Clark Àdám leitete 1853 den Bau des 359 langen Alagút-Tunnels durch den Burgberg sowie den Bau der Kettenbrücke, der ersten festen Donauüberquerung ein. Der Initiator war Graf István Széchenyi.

Pech war, auf halbem Weg, fing es heftigst an zu regnen. Zwar hatte ich einen Schirm, aber es war sehr ungemütlich.

Im Hotel angekommen war natürlich wieder Thermenbesuch angesagt. Danach etwas relaxen und um 18.30 Uhr gingen wir zum Abendessen, da wir als Einzige der Gruppe den Besuch eines Folkloreabends gebucht hatten. Wir fragten uns inzwischen zwar auch, was uns da geritten hatte, aber da wir die Karten bereits für je 22 Euro hatten, machten wir uns auf den bekannten Weg mit der Vorortbahn und Metro. In einem großen Bogen an der Stephans­-Basilika vorbei gelangten wir Zrínyi utca 5. Angenehm überrascht waren wir schon mal über die Lokalität: ein kleines Theater, fast vergleichbar mit dem Münchner Cuvillie-Theater, also sehr stilvoll. Eine 11 köpfige Kapelle, das Rajkó Folk Ensemble spielte uns 1 ½ Stunden auf und die 13 Tänzerinnen und Tänzer bezauberten uns. Das Ensemble wurde 1957 gegründet und gehört mit zu den drei der besten ungarischen Volkstanzgruppen. Die Choreografie basiert auf authentischen Tänzen, einige dieser Tänze stammen aus isolierten Dörfern und entstanden vor hunderten Jahren. Brahms „Ungarische Tänze“ sowie Liszt „Ungarische Rhapsody Nr. 2“ wurden meisterlich dargebracht. Jeweils 2 Stücke waren instrumental, dann wieder aufgelockert durch Tanzdarbietung, fast ballettartig.

Nach diesem unerwartet wirklich schönem Abend war selbst Manfred nach „zu Fuß“ gehen und wir gingen gemeinsam über die Kettenbrücke und wurden von dem hell erleuchteten Buda und Burgberg und Pest, mit seinen Prachtbauten, verzaubert.

Der Abend hat sich gelohnt! Was will man mehr?

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Budapest – Mit Muße (7)

Samstag, 5. Juni 2004

Heute stand der fakultaitve Ausflug zum Plattensee – dem Balaton – auf dem Programm

Balaton

Der Balaton ist mit 596 qkm der größte See Mitteleuropas. Seine Länge beträgt 77 km, seine Breite 1,5 –14 km. Die Uferlänge von 195 km kann man per Bahn, Auto oder – sportlicher – mit dem Fahrrad abfahren oder per plattenseeFähre verkürzen. Bei einer durchschnittlichen Tiefe von nur 3 m erwärmt sich der See im Sommer leicht auf 24-28 Grad C. Im Winter friert er zur Freude der Eisfischer und Schlittschuhläufer schnell zu. Das Wasser ist leicht alkalisch und nie klar. Seine milchige Farbe verdankt es chemischen und physikalischen Prozessen. Dazu kommt sein Mineraliengehalt, vornehmlich an Kalzium und Magnesium, dem vor allem bei Nerven- und Erschöpfungsleiden eine wohltuende Wirkung zugeschrieben wird.

Der See hat, abgesehen von vielen kleinen, ihm zustrebenden Bächen, nur einen Zu- und einen Abfluß, er wird von der Zala im Westen gespeist, das überschüssige Wasser wird im Osten über den Sió-Kanal in die Donau geleitet.

Als blaues Band liegt der Balaton im Herzen Transdanubiens. Im Gegensatz zu den von der Eiszeit gebildeten Bergseen der Alpen ist er ein typischer Steppensee und mit 22 000 Jahren ein recht junger dazu.“

149_4996Von 8 Uhr bis 10.15 stand die Fahrt nach Herend auf dem Fahrplan. Um 10.30 bis 11.15 Uhr wurden wir zur Führung in der Porzellan-Manufaktur erwartet.

Nach einem schön gestalteten Einführungsfilm wurden wir durch die verschieden Produktionsstätten der Porzellan-Herstellung und Bearbeitung geführt. Es überraschte uns 149_4991xschon als erstes, daß Herend zu den größten Porzellan-Manufakturen der Welt zählt. In diesem kleinen Ort, Herend, der nur 4000 Einwohner zählt, leben mehr als die Hälfte der Einwohner vom Geschäft mit dem zerbrechlichen Gut. Seit 1993 gehören dem Staat nur noch 25 %, der größere Anteil ist als Aktien im Besitz der Mitarbeiter. Die 1826 von Vince Stingl gegründete Porzellanmanufaktur ist auch eine der ältesten in Europa.

Damals begann man kostbare Porzellanstücke, z.B. aus China und Japan, detailgenau zu kopieren. Den internationalen Durchbruch brachte die Londoner Weltausstellung von 1851, auf der Königin Victoria ein mit Schmetterlings- und Blumendekor bemaltes Service im chinesischen Stil erwarb. Bis heute trägt dieses Muster ihren Namen! Andere heißen nach ihren berühmten Besitzern Esterházy oder Rothschild. Auch Alexander von Humboldt, Kaiserin „Sissi“ und Prinzessin Diana waren Liebhaber des Herender Porzellans.

Jedes Teil ist ein Einzelstück und wird von Hand verfertigt. Der Betrieb beschäftigt allein 700 Maler. Zum Repertoire gehören rund 2500 verschiedene Dekors, von denen 359 im aktuellen Programm sind.

Nach dieser Führung lud uns Herr Alexander im Namen von Studiosus wieder zu Kaffee und Kuchen in das angegliederte Kaffee, wo uns dieser natürlich stilvoll auf Herender-Porzellan serviert wurde.

149_4997So gestärkt begaben wir uns in das auf der anderen Straßenseite gelegene Museum und konnten in vielen 149_4998Räumen die jeweils hergestellten Service für all‘ die Prominenten bewundern. Wunder-wunderschön, aber sowohl Manfred und auch mir gefielen die neuen Designs noch besser, wenn wir denn in die Bedrängnis gekommen wären, uns etwas auszusuchen.

Vezprém, die „Stadt der ungarischen Königinnen“ stand als nächstes auf dem Besichtigungsprogramm. Rundgang von 12.45 bis 13.45 Uhr – zum Glück bei schönem Wetter –war angesagt. Ein malerischer Ort. Aber, um es professioneller auszudrücken, halte ich mich an die Vorgaben: „In reizvoller, wie strategisch günstiger Lage entwickelte sich auf fünf Hügeln und einem 49 m hohen Dolomitplateau die heutige Bischofs-, Universitäts- und Komitatshautpstadt Vezprém. Der christliche König Stephan I. bezwang hier seinen heidnischen Widersacher Koppány, ließ eine Burg bauen und gründete 1001 ein Bistum. Seit seiner Vermählung mit der bayrischen Herzogstochter Gisela gilt Vezsprém als „Stadt der Königinnen“, weil die Krönung der Königin seitdem Privileg des örtlichen Erzbischofs war.“

Der Stadtrundgang brachte uns zum Altstadtplatz, den schöne 150_5003Jugendstilhäuser einrahmen. Schmuckstück ist das 1857 als kirchliches Finanzinstitut errichtete150_5004 Gebäude, das heute als Rathaus genutzt wird. Das Burgviertel entlang der Vár utca säumen einheitliche Ensemble prächtiger Bauten aus dem 18./19. Jahrhundert. Anstelle der mittelalterlichen Vorburg steht rechts die klassizistische 150_5007Piaristenkirche mit Ordenshaus und Gymnasium. Wir besichtigen – gegen Eintritt versteht sich – die sehr sehenswerte Giselakapelle. In dem von einem Kreuzrippengewölbe überspannten Raum sind Aposteldarstellungen im byzantischen Stil original erhalten.

Die Nordseite des nach der Dreifaltigkeitssäule benannten Platzes schließt der mächtige graue Bau des Sankt-Michaels Dom ab. Nach wenigen Metern erreichen wir die oberhalb einer150_5008 Steilkante errichtete Aussichtsbastei. Die Skulpturen des ersten ungarischen Königspaares wurden hier anlässlich des 900. Todestages des Königs und Landesheiligen Stephan 1938 aufgestellt.

Von der Terrasse erkennen wir die Ruinen des 1249 erbauten Dominikanerinnenklosters. Im einst von 18 Wassermühlen besiedelten Séd-Tal, hinter der 50 m hohen Talbrücke, wurden 1936 die Reste des Klosters der griechischen Schwestern freigelegt, in dem einst auch Königin Gisela fleißig stickte. Wir nehmen den gleichen Weg bergab zum Bus. Manfred und ich eilen etwas voraus, um in einer Bäckerei einige leckere kleine Gebäcksachen zu kaufen. Wir haben Hunger!

Weiter geht die Fahrt.

15.20 bis 15.40 sind die Besichtigungen auf der Tihanyer Halbinsel im Plattensee angesagt.

Der Bus entläßt uns am Fuß der Benediktinerabteil.

Wie der Kopf einer Schildkröte schiebt sich die Halbinsel Tihany in den See hinaus. Die vulkanisch gebildete einstige Insel mißt rund 12 qkm und wurde aufgrund ihrer besonderen Flora und Fauna sowie ihrer einzigartigen geologischen Formationen Anfang 1952 als erstes Gebiet Ungarns unter Naturschutz gestellt.

Unsere ersten Schritte bringen uns zur 1055 von König András I. gestifteten Benediktinerabtei, deren Kirchtürme wir schon von weitem gesehen haben. Jedoch davon ist nach einer Sprengung, die 1702 die Habsburger während des Rákóczi-Aufstandes angeordnet hatten, wenig zu sehen. Der Neubau der150_5011 spätbarocken Abteikirche stammt aus den Jahren 1719-54. Die Kanzel, Altäre und das übrige Mobiliar verzierte der Laienbruder Sebastian Stuhlhoff (1753-79). Eile ist angesagt, da gleich in der Kirche ein Trauergottesdienst stattfinden wird.

Immerhin reichte die Zeit, daß Manfred seine Kappe aus Süd-Afrika liegen lassen konnte.

Das angegliederte Museum konnten wir in Ruhe besichtigen. Ein Gedenkzimmer ist für den letzten ungarischen König, Karl IV. eingerichtet, er wohnte 1921 kurzfristig mit seiner Frau Zita hier im Ordenshaus, bevor er auf die Insel Madeira verbannt wurde.

Ein Rundgang durch den sicher recht hübschen Ort gefällt uns nicht so gut, da er voll touristisch vermarktet ist. Wir flüchten seitwärts, hier ist es 150_5019ruhiger und finden das Dorfmuseum recht malerisch. Vor Ende des Trauergottesdienstes stehen wir wieder vor der Kirche, um nur ja Manfreds Kappe wieder zu erhalten. Wir schaffen es, bevor der Besucherstrom die Kirche überfüllt.

Der Bus bringt uns zur Schiffanlegestelle. Für 16 Uhr ist die Abfahrt angekündigt, verzögert sich jedoch aus uns unbekannten Gründen bis 16.30. Wir haben den Eindruck, alle Schulklassen Ungarns haben heute Schulausflug, so auch auf dem Schiff. Aber die Kinder sind sehr lieb. Ca. ½ Stunde dauert unsere Fahrt über den Plattensee zum Füreder 150_5022Strand. Ein kleiner Bummel, Gedenkstein für alle 150_5024Ertrunkenen fotografiert, einen gekochten Maiskolben, um den ärgsten Hunger niederzuhalten, gekauft und dann ging die lange Heimfahrt los. Von 16.50 bis 19.00 war geplant. Durch die Verzögerung wurde es dann 17.10 bis zur Abfahrt und trotzdem kamen wir pünktlich an. Bewundernswürdig.

Für einen schnellen Badedurchgang in der Therme blieb für mich noch Zeit. Um 20.15 Uhr war das Abschiedsabendessen in der Nähe des Hotels angesagt: ich hatte mich für Fischsuppe, Wels gegrillt mit Beilage und Eis entschieden. Manfred wählte die Bohnensuppe, Kalbsgulasch mit Eiernockerln und Quarkknödel, dazu tranken wir Bier.

Wie üblich wurde eine Dame „ausgeguckt“, um das gesammelte Trinkgeld zu übergeben. Leider war die Rede kaum zu hören, da gerade am Nebentisch eine größere Gesellschaft ankam und sich lautstark begrüßte. Pech!

Jedoch die Atmosphäre im Lokal und die etwas weiter weg spielende Zigeunerkapelle war sehr gut.

Vor dem Hotel große Verabschiedung, da ja am nächsten Tag die Heimreise angetreten wurde. Von einigen schon sehr früh, die mit dem Zug fuhren.

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Budapest – Mit Muße (8)

Sonntag, 6. Juni 2004

Heute hatten wir wirklich Muße.  Der Tag fing für mich mit einem ausgiebigen Besuch der Therme an, auch die Infrarot-Sauna habe ich genutzt. Geruhsames Frühstück und dann machten wir uns um 10 Uhr auf, um das in Óbuda gelegene Vasarely-Museum zu besuchen.

Erst waren wir die einzigen Besucher. Vasarely haben wir bewußt zum ersten Mal in Colmar, im Museum Unter den Linden, bestaunt. Etwas seltenes geschah: Manfred und ich gingen gemeinsam durch das großzügige, schön gestaltete Museum. Wunderschöne Werke, auch Gobelins, begeisterten uns. Beiden gefiel uns „Bi-Octans“ von 1979 außerordentlich gut, nur leider war keine Kunstpostkarte verfügbar.

Victor Vasarely, geboren am 9.4.1908 in Pécs (Fünfkirchen), der in Frankreich lebende weltberühmte Maler ungarischer Herkunft faßt 1981 den Entschluß, seinem Heimatland Ungarn und deren Hauptstadt Budapest eine bedeutende und „unveräußerliche Gabe“ zukommen zu lassen. Die Tatsache der Schenkung hielt er in seinem Donationsschreiben vom 24.9.1981 fest und „vermachte“ ca. 400 Werke. In der Schenkungsurkunde ist als endgültiger Standort der Exponate bereits das Schloß Zichy genannt. Am 8. Mai 1987 eröffnet das Vasarely-Museum in einem der schönsten Ausstellungsräumen der Hauptstadt, in dem vom Künstler gewünschten Gebäude.

Vasarely war geprägt von den Ideen des Bauhauses und – oh staune – zu seinen Lieblingsthemen gehörten, zumindest in der Zeit um 1930, Zebras. (meine absoluten Lieblingstiere)

Nach dem Kauf eines Katalogs und eines Zebradrucks machten wir uns auf die Suche nach dem Imre Varga Museum. Es stellte sich heraus, daß es unter „Galerie“ lief und kaum hatten wir mit dem Betrachten der Skulpturen angefangen, gesellte sich uns ein großer, künstlerisch aussehender Herr zu und examinierte uns, was wir denn so denken, was der Künstler hier ausdrücken wollte.

Er war mit unseren – in englisch gegebenen – Ausführungen zufrieden und erläuterte uns dann, wen und was die jeweilige Skulptur versinnbildlichen sollte. Es stellte sich heraus, daß wir Imre Varga nur um ½ Stunde verpaßt hatten und daß unser Begleiter ein Photograf  ist, der die Kataloge der Galerie gestaltet.

Zur Person von Imre Varga läßt sich sagen, er wurde am 1. November 1923 in Siófok geboren.

Bereits in seinem 13. Lebensjahr wurden Zeichnungen von ihm in einer Gemeinschaftsstellung in Paris gezeigt. Nach dem Studium der Aeronautik, das er an der Militär-Hochschule mit dem Diplom abschloß, diente er im II. Weltkrieg als Luftwaffenoffizier in Ungarn, Deutschland und Italien, Er geriet in amerikanische Gefangenschaft und kehrte 1945 nach Ungarn zurück.

1949 fand er in einer Budapester Fabrik Arbeit. Der Zufall führte ihn mit dem Bildhauer Pál Pátzay zusammen, der ein Jahr später seine Aufnahme in die Kunstakademie durchsetzte. 1956 erwarb er das Diplom. Viele Preise wurden ihm verliehen und seine Werke sind in zahlreichen ungarischen Städten, aber auch in Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien, Jemen, den Niederlanden, Norwegen und in den Vereinigten Staaten von Amerika zu finden.

Es heißt, seine Werke sprechen für sich. Sie bedürfen keiner Erklärung, keiner Interpretation. Ihre Sprache ist so unmittelbar, ihre Botschaft so evident, daß ein sensibler Mensch sie verstehen muß. Trotzdem war das Hintergrundwissen des uns begleitenden Photografen hilfreich, da einige geistreichen Feinheiten, ironischen Anspielungen, tragische Zusammenhänge uns sich sonst nicht erschlossen hätten, da wir nur sehr wenig über das gesellschaftliche und persönliche Umfeld wissen, in dem die Werke entstanden sind und auf das sie sich beziehen.

So wir haben noch viel Zeit. Ein Spaziergang über die Arpadbrücke zur Margareteninsel, die sich zwischen dieser Brücke im Norden und der Margaretenbrücke im Süden auf einer Länge von ca. 2,5 km und einer Breite von 500 m erstreckt. Sie ist wohl die „grüne Lunge“ von Budapest und wir150_5028 bestaunen bei strahlendem Sonnenschein die alten Bäume und das Leben und Treiben der Budapester. Wandern fast bis zum Ende und entscheiden uns,150_5029 mit dem öffentlichen Bus, der sogar hier verkehrt – unsere Wochenkarte ist noch gültig – zurückzufahren bis zur Arpadbrücke um dann in dem Lokal von gestern abend zum Abschied nochmals ungarisches Gulasch zu essen. Ca. 100 m vor dem Hotel geht ein heftiger Gewitterschauer nieder und wir laufen, um im Hotel unsere Regenschirme abzuholen.

Gemütlich sitzen wir bei scharfem Gulasch und Bier in dem Restaurant bis 14.30 Uhr, um dann zum Hotel zurückzuspazieren. Wir werden – wiederum pünktlich – um 15.00 Uhr abgeholt und in einer halbstündigen Fahrt zum Flughafen gebracht.

Um 18.45 Uhr geht unsere Maschine, sind um 19.30 Uhr bereits im Frankfurter Flughafen mit unserem Koffer in der Hand und bekommen um 20.09 Uhr den ICE nach Siegburg. Taxi für 21 Euro und um 21 Uhr sind wir wohl behalten und vollgepackt mit Eindrücken wieder zu Hause.

Damit hat sich für mich ein lange gehegter Wunsch: Budapest und etwas „drumherum“ von Ungarn zu sehen, reichlich erfüllt.

Immer wieder erwähnte, zitierte unser Reiseleiter Alexander Matyas den Dichter Petöfi, der, wäre die ungarische Sprache nicht so schwierig und wenig verbreitet, sicher unserem Dichterfürsten Goethe das Wasser reichen könnte.

Er hat 1823 als Sohn des Slowaken Petrovics und der Maria Kruz das Licht der Welt erblickt. Nach seinen ersten dichterischen Erfolgen legte der Sohn sich den ungarischen Künstlernamen Petöfi zu und engagierte sich für die Idee der nationalen Befreiung Ungarns.

So will ich zum Schluß wenigstens ein paar Zeilen von ihm zitieren:

„Freiheit und Liebe

sind all mein Streben!

Für meine Liebe könnt‘ ich das

Leben, doch für die Freiheit

die Liebe selbst geben.“

Die Ungarn setzten dem im Freiheitskampf gefallenen Dichter ein Standbild in der Nähe des Március tér.

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