6. Tag, Freitag, 28. Oktober 2011

Santillana del Mar – Bilbao – Santillana del Mar

Neuer Tag, neue Herausforderungen!
Blick aus dem Fenster: Regen, 13 Grad

Macht nichts, denn heute steht „nur“ Bilbao mit dem Guggenheim Museum und die „Puente Colgante“,  die „Schwebebrücke“ auf dem Besichtigungsprogramm.

Zum Glück fragen wir beim Auschecken, wo sich denn der andere Parador in Santillana del Mar befindet.

Für uns die erfreuliche Auskunft: „Gleich oben wo sie ihr Auto geparkt haben.“ Also war das Gebäude keine Dependance, wie wir vermutet hatten, sondern der von uns für die nächste Nacht gebuchte Parador.

Als wir mit unseren Trollis zum Parkplatz gehen, kommen uns zwei Angestellte nachgelaufen und erklären uns, das obere Hotel öffnet erst gegen 11 Uhr und sie sorgen dafür, dass das Gepäck nach oben gebracht wird.
Sehr erfreulich, so müssen wir es nicht den Tag über spazieren fahren.

Also kann unser Ausflug unbeschwert beginnen.

Für die angegebenen 125 km von Santillana del Mar nach Bilbao nehmen wir die uns schon gut bekannte A 8 – E 70. Dass die in der Karte durchgängig eingezeichnete Autobahn sich immer wieder mit der Landstraße abwechselt, ist auch nichts Neues mehr für uns.

Wir befinden uns inzwischen im Baskenland.
Schon die Autobahnhinweise sind zweisprachig: spanisch und baskisch.

Galicien, Asturien, Cantabrien haben wir bereits gestreift bzw. durchfahren, nun also das Baskenland.

An der Mautstelle vor Bilbao erfragen wir die Weiterfahrt:
Ausfahrt Bilbao E-S Miraflores, dann „todas directiones“ „alle Richtungen“ auf die Avenido Milaflores.

Da wir bisher noch keinerlei Hinweise auf das Museum gefunden haben, schieben wir uns in das Stadtzentrum, fahren am Bahnhof (Jugendstil), dem Theater vorbei, queren die Ría de Bilbao (man kann auch Río de Nervíón lesen) über die Puente  del Arenal und nun müssen wir doch Passanten nach dem Weg fragen.

Also: die Puente del Ayuntamiento gleich hier am Kreisel nochmal retour und hier sehen wir dann doch tatsächlich eine Ankündigung des Museums.
In der Avenida Abandoibarra 2.
Das Parkhaus ist unmittelbar dabei und für die gesamte Strecke vom Parador aus benötigen wir 1 Stunde 45 Minuten.

Wir sind neugierig wie nun dieses vielgerühmte, vielgepriesene Museum auf uns wirken wird.

In der im Sommer besuchten Ausstellung „Magische Orte“ im Gasometer von Oberhausen wird das Guggenheim Museum unter vielen anderen auch als „Magischer Ort“ herausgestellt.

Wow! Die Außenansicht ist beeindruckend!

Ein Gebäude das golden glänzt aus Titanplatten, Glas und Kalkstein.
Ständig andere Perspektiven. Es lässt sich nicht wirklich beschreiben.
Schon die Außengestaltung ist außergewöhnlich:
Auf der einen Seite der Meeresarm, auf der anderen Seite ein flaches Wasserbecken.

Den Eingangsbereich ziert eine riesige Blumenkomposition von Jeff Koons’: Der Blumenhund „Puppy“, ein Foxterrier.


An der Flusspromenade die Bronzespinnenskulptur „Maman“ von Louise Bourgeois.

Ein großer Strauß Glastulpen (?) ziert eine Terrasse.

Nun mal los, das Innere besichtigen.
Keine Warteschlange. Mit dem Eintritt bekommen wir einen Audioguide ausgehändigt – sensationell: deutsche Sprache.

Also setzen wir uns erst mal in der Rotunde hin und lauschen den Einführungen.

Das 1993 bis 1997 nach Plänen des nordamerikanischen Stararchitekten Frank O. Gehry erbaute Museum, das er im ersten Anlauf in einer Bar auf einem Briefumschlag skizzierte,  ist aus heutiger Sicht ein stadtplanerisches Meisterstück.
Das Gebäude konnte dann mit Hilfe eines Simulationsprogramms im Computer exakt berechnet werden.
Anders kann man es sich auch kaum vorstellen.

Wir befinden uns hier in der lichtdurchfluteten Rotunde, sozusagen im Herzen des Gebäudes von dem aus alle Adern – sprich Seitengänge – abgehen, in die die Besucher gepresst werden, zurückkommen, aufsteigen und wieder absteigen.
Der Museumskomplex umfasst insgesamt 24.000 m², die reine Ausstellungsfläche beträgt 11.000 m2, die auf 19 Galerien aufgeteilt sind.

Wir lassen den Blick schweifen und finden keinen Ruhepunkt für die Augen.
Nur Bögen,  Gestänge,  Glas, noch ein Vorsprung und noch eine Wölbung.

Als erstes besichtigen wir den hier an die Rotunda  angrenzenden  riesigen Saal in dem ebenfalls sieben riesige Skulpturen von Richard Serra aufgestellt sind.

Anleitung: „Wer sich traut, kann die Skulpturen auch betreten. Innen ist man jeweils von rund 40 t schweren, gut 4 m hohen (rostigen) Stahlplatten umstellt.“

Wir trauen uns und gehen in die erste: Eine Spirale.
Elisabeth wird schwindlig. Ich bekomme Beklemmungen.

Nein Danke, keine weitere Begehung.

In den folgenden Räumen können wir uns über den Bau, die Materialien, Ausführungen etc. aufklären lassen.

Wir fahren mit dem Lift nach oben und sehen uns im dritten Stock die verschiedenen Ausstellungen an,  z.B. der Gruppe Zero um Heinz Mack.
In anderen Räumen sind u.a Vasarelli, Antoni Tápies, Howard Mehring, Künstler des Abstrakten Expressionismus, u.a. Pollok vertreten.

Wir gehen in den zweiten Stock und treffen wieder auf Installationen von Richard Serra: 4 große Stahlplatten die quer in den Raum gestellt sind
oder zwei 8 t schwere Kubusse . Sind sie gleich groß, die Perspektive macht’s.

Dagegen gefallen uns die Arbeiten von Constantin Brancusi, wie z. B Torso „Weiße Negerin“ oder der Saal mit den 5 Vögeln, oder die „schlafende Muse“, 1. Schrei und Neugeborenes.

Und wieder steigen wir ab und landen – wie vorgesehen in der Rotunda.

Wie gewohnt will ich Kunstpostkarten von den mir am besten gefallenden Werken für meine seit 1960 geführte Sammlung erwerben. Lediglich die „weiße Negerin“ Brancusi und die Stahlinstalltionen von Richard Serra sind zu erstehen. Alle anderen Karten beziehen sich auf das Guggenheim Museum in New York. Sehr hilfreich.

Zwei Stunden haben wir im Museum zugebracht.

Lässt man die ausgestellten Werke der diversen Künstler Revue passieren kann für mich das Urteil nur lauten:
Das Gebäude ist es!

Nun ist uns nach einer Tasse Café. Das Restaurant und die Bar sind vollbesetzt, aber es gibt ja eine große Terrasse, auch wenn es frisch ist.
Hier findet das Auge Ruhe und kann sich an dem gegenüberliegenden riesigen, blaugetönten Turm erholen.

So erholt machen wir nochmal einen Gang auf die Brücke  um das Museum aus noch anderen Perspektiven zu fotografieren.

Auf unserem Gang zur Touristinformation, von wo aus wir die Stadtrundfahrt antreten wollen, können wir miterleben wie schnell die baskischen Polizisten laufen können. Sie  holen einen jungen Mann ein, der kurz vorher eine gestohlene Geldbörse weggeworfen hat. Half ihm aber nichts, sie haben ihn festgenommen.
Wäre das doch auch mal dem Dieb passiert, der mir in Barcelona meine Brieftasche mit allen Papieren gestohlen hat.

Um 15 Uhr fährt der große Doppeldeckerbus mit nur 4 Personen 1 Stunde durch Bilbao. Die Erklärungen sind wieder in spanisch und englisch und im Schnelldurchgang vielleicht ein paar Dinge zu Bilbao:

Bilbao ist die Hauptstadt der Provinz Bizkaia (spanisch Vizcaya) und größte Stadt der Autonomen Gemeinschaft Baskenland in Spanien.
Sie ist die wichtigste Industrie- und Hafenstadt des Baskenlandes und hat zuzüglich des Umlands fast 900.000 Einwohner und ist damit die zehntgrößte Stadt Spaniens.

War sie früher als hässlich Industriestadt verschrien –  Eisenindustrie und Hochöfen waren das Kennzeichen des 19. Jahrhundert, so erfolgte in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts die planmäßige Erweiterung des Stadtkerns wie z. B. mit den bedeutenden Gebäuden des Theater Arriaga, der Börse oder der Alhóndiga (ehemaliges Wein- und Spirituosenlager).

Der industrielle Niedergang in den siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts hat sich hier in der Region mit positiven Folgen bemerkbar gemacht.
Seit 1990 ist es von seinem Image einer hässlichen, grauen, schmutzigen Stadt abgekommen und der Bau des Guggenheim Museums, der „Bilbao Effekt“ auch „Guggenheim Effekt“ brachte die Umkehr.

Davon können wir uns bei unserer Fahrt mit dem Bus aus dem oberen Stockwerk in der ersten Reihe überzeugen.


Die beeindruckenden Gebäude der Königlichen Akademie, der Kirche San Nicolás, der Kathedrale Santiago, des Rathauses, des Theaters, des Bahnhofs und der Markthalle – können wir nun ganz entspannt betrachten –   und vorbei an dem wohl meistfotografierten Objekt, der hübschen Zubizuribrücke – bietet man uns so einen schönen Überblick über die Stadt. Den Altstadtkern streifen wir leider nur. Aber alles geht nun mal nicht.

Um 16 Uhr steigen wir wieder beim Info-Büro – beim Guggenheim Museum – aus und lassen uns noch erklären, wie wir zur „Schwebebrücke“ „Puente Colgante“ kommen.

Die Dame empfiehlt uns die Metro. Die Strecke wurde von Sir Norman Foster geplant und die Bilbaínos tauften die im puristischen Design gestalteten Abgänge „Fosteritos“.

Da jedoch der Stadtteil Portugalete auf unserer Rückfahrtstrecke nach Santillana del Mar liegt, holen wir unser Auto aus der Tiefgarage. Mit 9.50 Euro Parkgebühr sind wir dabei und von der A 8 – Richtung Santandér –  nehmen wir die beschriebene Ausfahrt „Portugalete, Puente Colgante“ und gelangen nach 20  Minuten – mehr durch Intuition – in die richtige Richtung. Erst kurz davor finden wir wieder ein Hinweisschild. Zum Glück befindet sich gleich um die Ecke ein Parkhaus, denn in den verwinkelten Gässchen wäre es schwierig einen Parkplatz zu finden.

Wenige Meter und wir stehen unterhalb dieses imposanten Bauwerks.

Wie kann es anders sein: 2006 wurde die Verbindung der nordwestlichen
Vorstädte Portugalete und Las Arenas durch die „Puente Colgante“ von der UNESCO zum Weltkulturerbe ernannt.

Im Kiosk erstehen wir die Eintrittskarten und werden gleich in den Warteraum für die Fähre geschleust, da der Lift auf unserer Seite defekt ist.

Nach wenige Minuten kommt die Auto- und Personenfähre, die an der Brücke hängt, „angeschwebt“ und wenig später haben wir den Meeresarm (Nervion) in der „Gondel“ der Schwebefähre überquert und befinden uns im Stadtteil Las Arenas.

Der Liftführer bringt uns beide – mal wieder alleine – in einem Panorama-Aufzug auf eine Höhe von 50 Meter. Einen 160 Meter langen Spaziergang könnten wir auf die andere Seite nach Portugalete  über dem Wasser in einer gleich einem Käfig gesicherten Brücke machen, jedoch Elisabeth ist es hier oben nicht geheuer.

Ein heftiger Wind pfeift und so blicken wir von diesem luftigen Aussichtspunkt auf das rechte und linke Ufer des Meeresarmes, auf den Hafen von Bilbao, der Bucht „El Abra“, die Sporthafen und Strände. Ein paar Fotos, der Liftführer macht eine Aufnahme von uns Zweien und will uns animieren, doch noch länger zu verweilen, was wir dankend ablehnen.

Unten angekommen geht es genauso nahtlos wieder mit der Gondel retour.

Vielleicht noch ein paar Daten zu diesem „Kunstwerk des Ingenieurwesens mit mehr als 100 jähriger Geschichte“ wie wir aus dem Faltblatt entnehmen:

„Das Projekt für die Konstruktion der Schwebefähre stammt von Januar 1888
und zwei Jahre später, am 10. April 1890 starten die Bauarbeiten für die erste Schwebefähre, die älteste der Welt.
Das Projekt ist das Werk von Alberto de Palacio unter Mithilfe von Ferdinand Arnodin. Seine öffentliche Einweihung fand im Juli 1893 statt.

Seit 1893 haben ungefähr 650 Millionen Menschen den Meeresarm in der Gondel überquert.

Ein ungefährlicher und unvergesslicher Besuch, mit gewissen, nicht nur historischen Ähnlichkeiten zum Besuch des Eiffelturms.“

So, das war für heute unser Besichtigungsprogramm.

Wir finden gut wieder aus dem Stadtteil raus auf die Autobahn und in knapp 1 ½ Stunden sind wir gegen 18.30 Uhr im Parador Santillana del Mar.

Unser Gepäck ist da.
Also wieder Einchecken, etwas frisch machen und wir brechen zu einem Bummel durch diesen zauberhaften,  malerischen Ort auf.

Auch wenn es etwas trübe ist und etwas später die Dämmerung beginnt,
mache ich bei diesem Licht einige Aufnahmen, denn immerhin: es regnet nicht und wer weiß wie es morgen aussieht.

Reges Treiben herrscht in den Gassen und wir sind auf der Suche nach einem Restaurant, denn nach der gestrigen Erfahrung wollen wir heute nicht im Parador essen.

Viele, viele Restaurants gibt es mit ansprechenden Speisekarten.
Unsere Wahl fällt auf das unmittelbar neben dem Parador Santiallana del Mar Gil Blas gelegene „El Castillo“. Wir haben sehr, sehr gut gewählt.
Salat stand an erster Stelle, den haben wir bisher vermisst und dann die Spezialität der Region probiert: Venusmuscheln und Anchovas, Sardinen auf Tomaten und gebratenem Paprika. Leckeren Wein dazu. Perfekt!

 

Na, das war wieder ein Tag.

Wenn wir mal ganz alt sind und nicht mehr reisen können, haben wir immerhin viel, um es im Geiste nochmal nachzuvollziehen.

Gute Nacht!

 

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