Artikel getaggt mit Chnum

Ägypten – Donnerstag, 22. Januar 2009

3. Tag

Gebel el Sisila

Um ½ 12 Uhr erreichen wir die schmalste Stelle des Nils, ca. 65 km nördlich von Assuan, Gebel el Sisila. Die Bergkette liegt auf beiden Ufern des Flusses und engt ihn hier ein.
Der arabische Name „Berg der Kette“ geht auf eine Sage zurück, nach der man den Fluss hier durch eine Kette abgesperrt haben soll.

Wir bewundern mit welcher Behändigkeit die Schiffsmannschaft – p10301112teilweise in der traditionellen Galabea (dem weiten Gewand) gekleidet – unser Boot festmachen. Ein paar Pflöcke werden in die Erde getrieben und dienen als Poller, ein dicker Stein wird mit dem Seil umwunden. Der „Laufsteg“ mit separatem Handlauf wird zu unserer Sicherheit angebracht und wir balancieren an Land.
Diese Besichtigung ist nicht auf dem Programm der großen Fluss-Kreuzfahrtschiffe, da es für diese keine Anlegestelle gibt.
Trotzdem ist sie sehr wichtig, erklärt uns Ahmed, da für alle Tempelanlagen im Neuen Reich (18. und 19. Dynastie) hier die Sandsteinblöcke von guter Qualität gebrochen wurden. Der Vorzug dieser Stelle war die gute Erreichbarkeit des Nils für den Transport. Zudem gibt es für uns einen Felsentempel zu besichtigen.
nil-auswahl-201-94Über eine antike Treppe steigen wir zum Felsentempel hinauf und werden bereits von einem “Empfangskomitee“ willkommen geheißen.
Man muss sich das einmal vorstellen:
Da kommen 4 Touristen, 1 Reiseleiter, um die obengenannten Sehenswürdigkeiten in Augenschein zu nehmen. Dafür kommen von dem ca. 15 km entfernten Ort ein Museumswächter, 1 Mann, der für die Eintrittskarten zuständig ist und ein Polizist zur Sicherheit angefahren? anspaziert?
Sie berichten uns, dass wir seit 14 Tagen die ersten Besucher sind.

Ahmed unternimmt es wieder, uns sein umfangreiches Wissen zu übermitteln!
„ Den Tempel ließ der Pharao Haremhab für die Arbeiter, die in den Steinbrüchen arbeiteten, errichten, denn kamen die Arbeiter von dem Transport der Steinblöcke nach Theben zurück, mussten sie dem Nilgott Hapi opfern.
Aus diesem Grunde ließ Harmohep (andere Schreibweise: Haremhab) den Felsentempel erbauen.“
Es ist ein bescheidener Tempel und die Reliefs sind zum Teil stark beschädigt.
p1030113„Auf dem Türsturz der mittleren Öffnung, die jetzt den Zugang zur Kapelle bildet, sind Chnum, der ägyptische Schöpfergott, Gott des 1. Katarakts und der Name des Haremhab mit dem langen Gewand des Ägypters  eingemeißelt.
Chnum formt auf der Töpferscheibe den Menschen – mit seinem  Doppelgänger Ka – in zweifacher Ausfertigung.
Das Innere des Tempels besteht aus einem breiten, aber wenig tiefen Raum an den sich hinten eine längliche Kammer anschließt. Die Decke ist gewölbt und alle Wände tragen Bildwerke und Inschriften. An der linkennil-auswahl-201-98 schmalen Wand ein schönes Relief: Eine Göttin reicht dem König Haremhab ihre Brust; hinter ihr steht der Gott Chnum, hinter dem König der Gott Amun-Re.
Der Siegeszug des Haremhab nach dem Feldzug gegen Nubien muss natürlich auch dargestellt werden:
Der Pharao auf einem Thronsessel, der von zwölf mit Federn geschmückten Soldaten getragen wird, davor und dahinter je ein Soldat mit langgestieltem Fächer; voran schreitet räuchernd ein Priester und ein Zug gefangener Nubier, sodann drei Reihen Soldaten, darunter ein Trompeter. Links stehen der König und Amun auf Schwarzen (Kuschiten), die am Boden liegen. Unter der Hauptdarstellung eine Nische; links davon gefangene Schwarze rechts ziehen ägyptische Krieger gefesselte Gefangene. Inschriften über beiden Reliefs preisen den König als Sieger über die Bewohner von Kusch: „Heil Dir, König von Ägypten, dein Name ist groß im Nubierland …“
Schließlich sicherte Haremhab mit diesem Sieg die Grenze im Süden Ägyptens.
In einer Nische befindet sich das von vorn gesehene Hochrelief eines Beamten Ramses II. namens Chaj, darüber eine Denkinschrift mit einer Darstellung des Königs Siptah, der dem Amun Blumen bringt und hinter dem sein Beamter Baj mit dem Wedel steht. Unten in der Nische sieht man p1030114König Haremhab mit dem Bogen auf einen Feind schießend.“
Es gibt Dokumente, dass zur Zeit Ramses des II. hier 3000 Arbeiter beschäftigt waren.
Ahmed ist gar nicht zu bremsen. Er erzählt, erzählt und erzählt über die verschiedenen Götter, Opfergaben und und und ….
Nochmals über Chnum, den Schöpfergott und Ptah, ebenfalls als Schöpfergott: Es heißt: „ Chnum hat dich geformt, Ptah hat dich gebildet“.
Das kann man gar nicht alles wiedergeben.
p1030115a
Der freundliche Museumswächter wie auch der Polizist wollen gerne fotografiert werden und verlangen keinen(!) Bakschisch! Bekommen ihn aber trotzdem.p1030124

In  Begleitung der Museumswächter spazieren wir im vollen Sonnenschein – gefühlte Temperatur 25 Grad – vorbei an Grabnischen der p1030122Arbeiter bis zu den Stellen des Sandsteinabbaus. Stolz zeigen uns unsere Begleiter eine an diesem Morgen getötete Schlange.
Tief beeindruckt stehen wir vor den Steinwänden und überlegen, wie es zur damaligen Zeit – ohne unsere heutigen technischen Möglichkeiten – gelingen konnte, so monumentale Blöcke herauszuarbeiten.
Aber, Ahmed macht uns auch hier wieder „schlau“:
„Generell wurde beim Abbau in den Steinbrüchen von oben nach untenp10301261 gearbeitet, wobei der blockweise Abbau mit Trennfugen um die gewünschten Blockgrößen und anschließendem Ablösen von der Basisfläche erfolgte.

Von Anbeginn an wurde mit Holzschlägel und Metallwerkzeug gearbeitet. Zunächst wurden Kupfermeißel eingesetzt, seit dem Ende des Alten Reiches verwendete man die allmählich härter werdenden Legierungen aus Bronze. In der Spätzeit fanden dann Eisenmeißel Verwendung. Die Spuren dieser Werkzeugentwicklung ist noch heute an den Steinbruchwänden erkennbar.“

Gut 1 Stunde haben wir hier zugebracht und wir spazieren zum Schiff zurück, da ja bereits das Mittagessen wieder wartet.

Tags: , , , , , ,

Ägypten – Samstag, 24. Januar 2009

5. Tag

Insel Elephantine – Nubisches Dorf

Schnell sind wir an der Motorboot-Anlegestelle nach Elephantine.
Hier gibt es kein Gedränge und ein Boot steht sofort zur Verfügung.
Über eine breite Treppe gehen wir zum Museum hoch, das wir als erstes besichtigen.

Es ist in der Villa untergebracht, die sich einer der Erbauer des alten Damms hier errichten ließ. Leider ist das Museum sehr ungepflegt, lieblos und die Schätze, die aus der alten Zeit sind, sind auch nicht überragend. Einige Mumien aus ptolemäischer Zeit und Texte der Totenbücher aus derselben Zeit ragen davon noch hervor.
Nach kurzer Zeit verlassen wir den trostlosen Ort und während des Spaziergangs zum Tempel erzählt uns Ahmed wieder die Geschichte der Insel:

„In der Ptolemäer-Zeit entwickelte sich hier auf Elephantine eine bedeutende Siedlung im Gebiet des heutigen Assuan, die der Grenzsicherung diente. Ihren Namen erhielt die Stadt von dem damals schon hoch geschätzten Elfenbein, das wie Gold und Weihrauch aus dem Süden hierher gebracht wurde.
tag05_0340Der vollkommen zerstörte Tempel wird seit 1969 unter Federführung des deutschen archäologischen Instituts in Kairo und dem Schweizer Institut rekonstruiert.

Der Tempel geht auf die 18. Dynastie zurück. Hatschepsut ließ diesen Tempel für Satet, die Herrin des 1. Katarakts und ihren Mann Chnum errichten. Chnum soll hier gelebt haben.

Eine kleine Götterkunde zwischengeschoben:
tag05_0360Chnum ist der widderköpfige Gott von Elephantine. Er formt auf einer Töpferscheibe die Lebewesen und ihr Ka. Er gilt als Schöpfergott und Bringer der Nilüber-schwemmung. Seine Gemahlin ist die Göttin Satet und deren gemeinsame Tochter ist die Göttin Anuket.
Satet wird als Göttin der Überschwemmung verehrt. Sie galt auch ab dem Mittleren Reich als Hüterin der südlichen Grenze.
Sie steht mit der Nilschwemme in Verbindung, wobei nicht genau geklärt ist ob sie für das Ansteigen oder das Abschwellen der Nilschwemme verehrt wird
.“

tag05_0350Eine ausgezeichnete Skulptur der „Kuh-Ohrigen“ Göttin Hathor finden wir gleich zu Beginn im Tempel. Auf den Reliefs können wir sehr schön Hatschepsut erkennen, die sich ja immer in Form eines Mannes darstellen ließ. Sie trug den Bart, da sie nicht die rechtmäßige Nachfolgerin des Throns war. Sie ließ sich göttlich gebären von Gott Amun-Ra. Die zum Teil unvollständigen Reliefs wurden durch Zeichnungen ergänzt, so dass man sich vorstellen kann, wie es einmal war.“
Ahmed warnt uns vor, in Luxor am Hatschepsut-Tempel werden wir mehr von dieser Pharaoin erfahren.
Er zeigt uns die schönste Szene im Tempel:tag05_0370
„Die Göttin Satet, Chnoms Frau, in einem schönen Kleid und der Krone umarmt Hatschepsut.“
Er führt weiter aus, dass Thutmosis III., ein erbitterter Feind von Hatschepsut, ihr Antlitz ausmerzen ließ.

Wir wandern weiter auf dem großen tag05_0420Ausgrabungsfeld zur alten Stadt, die aus ungebrannten Lehmziegeln erbaut war.
Auf unserem Rundgang kommen wir natürlich wieder an einem Nilstandmesser vorbei. Bis ins 19. Jahrhundert wurde das Nilometer, das als das älteste Ägyptens gilt, verwendet und wir wissen bereits aus den Besichtigungen der anderen Tempel, dass nach der Höhe der Überschwemmung die zu erwartenden Ernten und die daraus ermittelten Steuern berechnet wurden. Natürlich steigen wir hinab bis wir nasse Schuhe haben.
Sehr malerisch ist es, dass aus einer Ecke der Insel plötzlich einige Ziegentag05_0440 zu uns stoßen. Und wir haben von hier aus einen wunderbaren Blick auf den 1. Katarakt mit seinen gewaltigen, glatten und seltsam geformten Felsen.

Wir wechseln von hier aus hinüber in das nubische Dorf auf Elephantine. tag05_0460Ahmed klärt uns wieder auf, dass besonders wichtig in dem Dorf  die Moschee und die Schule sind. Ohne Planung entstand diese Siedlung. Die bevorzugte Farbe ist blau. Ahmed macht uns auf Teller an der Eingangstüre aufmerksam: Sie weisen daraufhin, wie großzügig die hier lebenden Menschen sind. Andere Plaketten machen auf die Hochzeit aufmerksam, wieder andere verkünden, dass der Bewohner in Mekka waren, wann und mit welchem Verkehrsmittel.
tag05_0620Wir sind in einem Haus zum Tee eingeladen. Selbstverständlich ist es hier sehr ordentlich und wir können sowohl Küche wie Schlafräume, Vorratsräume und Bad besichtigen. Alles ist in kräftigem Blau gehalten. Eine Besonderheit: Als Haustier 2 kleine Krokodile im Käfig.
Sachen gibt es: Hier in diesem Haus ist zur Zeittag05_0630 eine Holländerin auf unbestimmte Zeit zu Besuch. Sie ist an den Rollstuhl gefesselt, in dem engen Haus ist ein Fortbewegen damit aber nicht möglich, also behilft sie sich mit einem Skatbord auf das sie sich legt um von Zimmer zu Zimmer zu gelangen. Seit 22 Jahren kennt sie diese Familie, kommt jedes Jahr und fühlt sich hier ausgesprochen wohl.
tag05_0470Was uns schockt ist der Dreck, der Unrat der vor jeder Haustüre liegt, auf den Straßen und Plätzchen. Unmengen neugieriger Kinder umlagern uns. Wir können noch einen Blick in tag05_0640einen „Supermarkt“ werfen. Sehenswert.
Mein lieber Mann, dem es nicht so gut ging, hat sich den Rundgang durch das nubische Dorf gespart und ich muss im Nachhinein sagen:
Es war gut so für ihn.

tag05_0690Wenn ich ehrlich bin, ich bin froh als wir zur Bootsanlegestelle zurückkommen und  um 12.40 Uhr wieder mit dem Motorboot zu  unserem Schiff fahren.

Tags: , , , , , , ,